13.10.2010

»Zum Erhalt der Fankulur« – Ein Blick zurück

von Coloniacs in Nachrichten, ProFans


In den letzen Wochen war ein Thema in der deutschen Fanlandschaft sehr präsent und auch wir beteiligten uns im Rahmen unserer Möglichkeiten an den Vorbereitungen und der Mobilisierung. Die Rede ist von der Fandemo am vergangenen Samstag in Berlin. Wir zeigten bei den Spielen zuvor stets eine Aufforderung an alle, mit uns nach Berlin zu reisen und veranstalteten eine Informationsveranstaltung in Kooperation mit Amnesty International, die ebenfalls zur Mobilisierung genutzt wurde.

Auch die anderen kölschen Gruppen rührten ordentlich die Werbetrommel und so machten sich am frühen Samstagmorgen vier Busse aus Köln auf in Richtung Berlin, um dort »Für den Erhalt der Fankultur« auf die Straße zu gehen. Die Hinfahrt verlief vollkommen entspannt, da wir uns selbst einige Regeln auferlegt hatten. Diese beinhalteten unter anderem auch ein Alkoholverbot. Allen war die Wichtigkeit dieses Tages bewusst und wir wollten das Gelingen unter keinen Umständen gefährden. Lediglich die Zeit eilte etwas schneller als gedacht. So kamen wir recht spät am Berliner Alexanderplatz an. Auf dem Weg zum Demozug stürmten plötzlich fünf Polizisten mit der passenden Zugnummer »1312« in unseren Haufen und wollten einen Blick in die Kisten mit Flyern werfen. Besonnen wurde ihnen dieser gewährt und so konnte diese unnötige Provokation einfach an uns abprallen. Im weiteren Verlauf des Tages sollte sich eine solche Szene zum Glück nicht wiederholen und die Polizei hielt sich vorbildlich im Hintergrund. So darf es gerne immer sein! Polizei und Fans verhielten sich den ganzen Tag über zurückhaltend und besonnen und konnten zeigten, wie es doch Wochenende für Wochenende auch funktionieren könnte!

Ab 12 Uhr fanden sich die ersten Demoteilnehmer am Roten Rathaus ein. Wir schafften es leider erst etwas später und kamen gerade noch rechtzeitig, um uns in den Demozug einzureihen und zum ersten Kundgebungsort zu gelangen. Vor unserem Demomob wurde das bekannte Banner »FC-Fans gegen Polizeiwillkür – Weder Freund noch Helfer« getragen und setzte damit eine klares Zeichen, welchen Akzent Köln heute setzen wollte. Wir als Gruppe machten in diesem Zusammenhang noch mal auf die Kampagne von Amnesty International aufmerksam. Einige Fahnen und Doppelhalter rundeten unser Bild ab. Dazu verteilten wir noch den generellen Demoflyer und einen eigenen Flyer zum Spannungsfeld Polizei und Fans. Jede Demogruppe ging so noch mal speziell auf ein Unterthema ein. Optisch stachen dabei besonders Jena, München und Wolfsburg hervor, die ihre Themen sehr kreativ umgesetzt hatten.

Zu Beginn der Auftaktkundgebung gab es eine entsprechende Begrüßung durch die Fanorganisationen ProFans, BAFF und Unsere Kurve und einen kurzen Überblick wie es überhaupt zur diesjährigen Fandemo gekommen ist. Spontan wurde dies vom WH-ProFans-Vertreter übernommen. Danke noch mal dafür! Nach den Begrüßungen gab es zwei sehr erfreuliche Redebeiträge zum Thema »Selbstreflexion innerhalb der Fanszenen«. Diese wurden von einem Mitglied der Harlekins Berlin und einem Vertreter der Schickeria München verlesen. Die Redebeiträge sind auf den Seiten der Gruppen hb98.de und schickeria-muenchen.org nachzulesen. Schaut Euch diese auf jeden Fall an!

Nach den ersten selbstkritischen Reden setzte sich der Demozug dann langsam in Bewegung. Anfangs wirkte alles noch etwas verhalten und ungewohnt, doch nach und nach ließ die allgemeine Anspannung etwas nach und unsere Forderungen wurden immer inbrünstiger besungen. Die Demoroute verlief vom Bahnhof Alexanderplatz über die Karl-Liebknecht-Straße, die Torstraße, die Friedrichstraße und schließlich Unter den Linden quer durch den Berliner Stadtteil Mitte und dauerte ca. drei Stunden.

Am Ende hatten sich ca. 50 Szenen eingefunden, um gemeinsam unsere Anliegen auf die Straße zu tragen und ein klares Zeichen zu setzen, dass es so nicht weitergehen kann. Leider blieben ein paar große Szenen fern und unterstützen die Demo nicht. Besonders erfreulich war hingegen, dass einige Szenen aus dem Osten zugegen waren, die bisher noch nicht an einer überregionalen Zusammenarbeit interessiert gewesen sind. Wir hoffen hier darauf, diese auch langfristig in einem Dialog mit ProFans binden zu können.

Zum Ende hin trafen wir wieder am Alexanderplatz ein, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Diese begann mit einem Redebeitrag des Berliner Rechtsanwalts René Lau, der noch mal auf die Problematiken der »Datei Gewalttäter Sport« einging, und uns Fans die Unterstützung der Anwaltschaft zusagte. Im Anschluss fand ein Redner von BAFF sehr klare Worte dafür, was uns alles stört und welche Dinge sich ändern müssen. Nachdem er die Menge ordentlich eingeheizt hatte, ließ er die Gelegenheit nicht aus, ihr einen Spiegel vorzuhalten und zu verdeutlichen, dass auch sie sich ändern muss.

Diesem sehr guten Beitrag folgte die Rede des Capos der Chosen Few aus Hamburg. Er ging sehr vehement auf viele Punkte ein, die überhaupt erst zu dieser Demo geführt haben und erntete dafür lautstarken Applaus aus allen Lagern. Den Abschluss markierte die Verabschiedung durch ProFans, in der sich für das Kommen und das Engagement aller bedankt wurde. Wir wünschen uns, dass dieser Startschuss zur Kampagne »Zum Erhalt der Fankultur« nun noch viele weitere Aktionen nach sich ziehen wird, denn die Demo in Berlin kann getrost als großer Erfolg verbucht werden. Bis hin zur Erfüllung unserer Forderungen ist es jedoch noch ein nahezu unendlich erscheinender Weg, aber wir scheuen uns sicher nicht, diesen auch zu beschreiten!

Wir Coloniacs begrüßen ausdrücklich die Entwicklung zu einem gemeinsamen Kampf aller Fanszenen für unsere Ideale und wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass die Selbstreflektion innerhalb der Fanszene weiter vorangetrieben wird. Wir kritisieren oft viele Dinge und Umstände, die auf uns einwirken, dürfen uns selbst dabei aber nicht ausklammern. Auch wir müssen uns ändern, wenn wir wirklich etwas erreichen wollen. Der aktuelle Trend hin zu »Riot über alles« wird nie der CNS-Weg sein! Wir wollen »Ultrà zurück auf die Ränge« holen und dort all unsere Energie einbringen. Sicher wissen auch wir unsere Ideale und Werte im Notfall handfest zu verteidigen, aber darauf kann nie unser Hauptaugenmerk liegen! Wir wollen die Ultrà-Kultur stets würdig vertreten und da gehört – unserer Ansicht nach – stupides Rumgepose einfach nicht dazu. Eine bunte und kreative Demo, die auf eindrucksvolle Weise unsere generelle Forderung nach Freiheit in den Kurven unterstreicht hingen schon!

Wir möchten uns zum Abschluss bei allen Mitorganisatoren bedanken. Ohne Euch wäre diese Veranstaltung nicht möglich gewesen. Besonders hervorzuheben sind in diesem Fall die Harlekins aus Berlin, die die komplette Organisation vor Ort übernommen haben. Respekt! Ebenso möchten wir allen Kölnern danken, die mit uns nach Berlin gefahren sind und den Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis und riesigen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben. Hier sind besonders die Fanclubs Fantastica Colonia und die Wilde Horde hervorzuheben. Fantastica Colonia hat der Szene kostenlos ihren Bus zur Verfügung gestellt und auch für unser leibliches Wohl gesorgt. Der Wilden Horde ist für den Druck der Flyer und für die Organisation und die Übernahme der Kosten der Shirts zu danken. Danke Euch!

Wir hoffen, dass wir das Feuer der Demo lodern lassen können. Wir werden uns daran messen lassen müssen, wie nachhaltig wir an den gestellten Forderungen dranbleiben. Wir fordern daher alle Ultras in Deutschland auf, sich bei ProFans einzubringen und den Kampf für unsere Freiheit, zumindest punktuell, gemeinsam zu führen! Packen wir es an und holen uns das Spiel zurück – Stück für Stück!

Bilder von der Demo:

Video von Fantastica Colonia: