03.09.2012

Kommentar zur Situation um Kevin Pezzoni

von Coloniacs in Nachrichten


Am vergangenen Freitag teilte der 1. FC Köln mit, dass der Vertrag mit dem 23-jährigen Spieler Kevin Pezzoni aufgelöst wurde. Wenig später sickerte durch: Kevin Pezzoni wurde bedroht und gemobbt – von den eigenen Fans. Für die Medien im Land ein Riesenskandal, eine Riesengeschichte. Wieder mal die Fans des FC!

Schnell wurden die Archive der Redaktionen durchsucht: Köln, Fans, Gewalt, Ultras, Kadlec, Wilde Horde … Das Resultat: 100.000.000 Treffer – da kann man doch noch eine Infobox mit einem Best of der schlimmsten Vorfälle dazupacken. Gedacht, gesagt, getan – und das Bild summiert sich: Wieder die Wilde Horde, wieder die Ultras! Danke, liebe Medienfreunde.

Dass sich vor dem ersten Spieltag gegen Braunschweig ein großer Teil der FC-Fanszene – darunter die Wilde Horde, die Boyz Köln und die Coloniacs – zum Abschlusstraining aufmachten und der Mannschaft ihre uneingeschränkte Unterstützung aussprach – Vergessen, verschwiegen, unerwähnt! Passt nicht ins Bild! Kein Wort darüber, dass die mitgereisten Ultras in Aue der Mannschaft nach Abpfiff Mut zusprachen. Kein Wort darüber, dass die Ultras nach der Niederlage gegen Cottbus lauthals »Come on, FC« riefen. Passt nicht in Bild – dient nicht der Story!

Eins vorweg: Aktionen gegen einen 23-jährigen Spieler sind nicht zu tolerieren. Wir wissen nicht, was sich genau zugetragen hat. Falls Leute meinten, Kevin Pezzoni auflauern zu müssen, haben sie weniger Verstand bewiesen als mancher Redakteur an der Amsterdamer Straße. Die Mannschaft des 1. FC Köln wandte sich mit einem Schreiben an die FC-Fans: Wortwörtlich hieß es: »Wir erwarten Fairness und Respekt im Umgang mit jedem einzelnen Spieler. […] Wir erwarten, dass Berufliches und Privates getrennt bleiben.« Diesem Wunsch entsprechen wir gerne und haben es in der Vergangenheit auch genauso gemacht!

Im vorangestellten Zitat fehlt ein Satz – gekennzeicht mit »[...]«. Was da wohl gestanden hat? »Darauf hat auch die Presse durch die Art ihrer Berichterstattung Einfluss.« Huch, die Presse? Eine kleine Sammlung an Zitaten aus den letzten Monaten, entnommen der Homepage des Kölner Stadtanzeigers und des Express:

»Kevin Pezzoni Note 6 – Verschuldete im dritten Spiel das dritte Gegentor, brachte im Aufbauspiel kaum einen Pass zum Mitspieler und wurde – Rot-gefährdet – nach 34 Minuten durch seine Auswechslung erlöst.«
ksta.de

»Kevin Pezzoni: 5 – Sorgte mit einem frühen Fehlpass für einen frühen Stimmverlust eines erbosten Zuschauers. Streut immer wieder Fehlpässe ins Aufbauspiel ein. Erboste in der 90. Minute auch Stanislawski, als er durch schwaches Zweikampfverhalten das 1:2 durch Voglsammer ermöglichte.«
ksta.de

OK, der eifrige Sportjournalist könnte entgegnen. »War doch so! Der Pezzoni hat scheiße gespielt!« War so, muss man aber nicht so schreiben. Wie war das mit den Spielernoten? Was wurde alles gesagt, nachdem sich Robert Enke das Leben genommen hatte? Welchen Einfluss haben solche Sätze auf labile Menschen? Wie wirken solche Sätze auf Menschen, die Feindbilder suchen?

Noch perfider eine kleine Geschichte, die eigentlich keine Sau interessiert, aber vom Express im Juni 2012 gebracht wurde: »Beim Ausparken: Autofahrerin rammt Pezzonis Porsche«! Krank! Wer den Parkplatz des Geißbockheims kennt, weiß, das sowas eigentlich nicht passieren kann. Wäre die Geschichte nicht ohnehin schon totlangweilig gewesen, musste der Express noch eine investigative Frage dazu packen: »Doch warum kam er mit dem Sportwagen und nicht mit seinem Ford-Dienstwagen?«
Ein Schelm, wer böses dabei denkt …

Wir wünschen Kevin Pezzoni einen guten weiteren Verlauf seiner Fußballkarriere und hoffen, dass sich die Mannschaft nicht durch die Geschichte verunsichern lässt. Wir stehen zu Euch, Jungs!