27.04.2019

Rückblick Kallendresser Live! Diskussionsrunde: Ultras – Annäherung an eine subkulturelle Jugendbewegung

von Coloniacs in Nachrichten


Einen Tag vor dem Darmstadt-Heimspiel luden wir zu unserer dritten KD-Live!-Veranstaltung der Saison ein. Thematisch wurde eine Diskussionsrunde und Art Bestandsaufnahme über die Materie Ultrà an sich geboten. Der Diplom-Politologe, Fanforscher und Autor Jonas Gabler diskutierte hierbei mit zwei langjährigen Mitgliedern der Kölner Ultràszene (je ein Vertreter der WH und CNS) darüber, wie sich die Situation in einer der größten subkulturellen Jugendbewegungen Deutschlands aktuell darstellt. Die Veranstaltung in der mit über 200 Gästen gutbesuchten Aula 1 der Universität zu Köln begann dabei mit einem Kurzvortrag Gablers, der fünf Thesen als Diskussionsgrundlage lieferte:

  • in Ultras steckt viel Potential; mehr als in anderen vorherigen Fanbewegungen
  • die Ultràgruppen haben sich in den letzten Jahren ausdifferenziert (z.B. in Hinblick auf Stimmung, Politik, Gewalt); eine Verallgemeinerung ist nicht möglich
  • die Hooligans erfahren ein »Comeback« nachdem sie fast verschwunden schienen; dies bringt auch Ultras dazu, sich mit dem Thema Gewalt vermehrt auseinandersetzen
  • Ultras standen vielerorts für Engagement gegen Diskriminierung; hier gibt es einen »Rollback«, sodass bei diesem Thema eher Rückschritte festzustellen sind
  • der Dialog mit Vereinen und Verbänden scheint gescheitert zu sein; wenig Fortschritte bei Kampagnen (z.B. 12:12) führten zur Märtyrerhaltung und Radikalisierung bei Ultras

In der folgenden Diskussion, die vom Journalisten Ronny Blaschke moderiert wurde, stimmten die beiden Fanszenevertreter einigen Thesen Gablers zu, vertraten aber zum Teil auch andere Meinungen. Positiv stellten sie die Potentiale heraus, die Ultrà birgt. Zum einem für die Entwicklung von Selbstbewusstsein und bestimmten Fähigkeiten, die man erlernt, zum anderen den Einfluss, den man im Fußball und in der Gesellschaft geltend machen kann. Außerdem betonten sie, dass trotz der richtig beobachteten Radikalisierung und Distanzierung von Verbänden und Co. viel erreicht wurde (z.B. bei Montagsspielen oder Kollektivstrafen) und weiter in Bündnissen wie dem Südkurve 1. FC Köln e.V. oder den Fanszenen Deutschland gearbeitet wird. Vorher habe es bei gemäßigtem Ton in überregionalen Kampagnen weniger Erfolge gegeben. Dass in der Bewegung auch Gewalt eine Rolle spielt, wurde nicht bestritten, jedoch sei der Stellenwert nicht so hoch, wie von außen in der Regel dargestellt. Anschließend folgte eine lange Fragerunde, bei der diverse Themen angesprochen wurden. So wurde u.a. über die ideale Kommunikation zwischen Ultras und Vereinen, den geringen Frauenanteil in Ultràgruppen sowie das Engagement gegen 50+1 gesprochen.

Wir bedanken uns bei unseren Gästen auf und vor der Bühne und hoffen Innen- und Außenstehenden interessante Aspekte unserer Subkultur nähergebracht zu haben.