20.08.2017

Woche für Woche und das schon seit Jahren…

von Coloniacs in Nachrichten


…tun wir uns nun dieses Spielchen an. War ja nie wirklich einfach. Aber was sollen wir machen? Es ist nun mal, so pathetisch es klingt, unser Leben. Aber dieses Leben wird immer mühseliger. Als wir 12:12 auf Straßen und Rängen protestierten, war schon klar, dass die Birne noch lange nicht geschält ist. Das Sicherheitspapier wurde nicht nur von den Vereinen beschlossen, es wurde sogar einige Zeit später, durch einen „9-Punkteplan“ erweitert. Wir haben es geschluckt. Wir wollten ja weiter zum Fußball, zu unserem Verein, unsere Sucht weiter bedienen. Aber irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem der Jupp einfach Ende macht!

Es war bis dato ein schleichender Prozess. Mal hier eine Ausnahme von der 50+1 Regel, mal dort ein neues Montagsspiel eingeführt… Doch dieser schleichende Prozess hat in den letzten Monaten derartig an Tempo zugelegt, dass es wohl keiner mehr bestreiten kann: Die Führung des DFB hat jeglichen Bezug zur Basis, zu den Fans, vielen Vereinen und offenbar auch zur Realität verloren. Dass wir Ultras noch nie ein enges Verhältnis zu den Anzugträgern hatten, ist sicher kein Geheimnis. Aber Entwicklungen, wie eine Chinesische U20 in der Regionalliga Südwest, ein Pokalfinale, welches eher einem Superbowl ähnelt, das inflationäre Verhängen von irgendwelchen willkürlichen Phantasie-Strafen, völlig offensichtliche Korruption, mindestens im Falle der WM 2006, Einführung eines ungerechten Relegationssystems… Die Liste ist lang und zeigt uns wohin der Weg geht, nämlich dass der Verband auf die Fans scheißt, um lieber irgendwelche „Märkte“ in Fernost zu erschließen. Der Fußball als Ware, der verkauft wird von denjenigen, die ihn eigentlich beschützen sollen.

Bereits Ende letzter Saison, gab es aus den Fanszenen Reaktionen. Seien es eine „Krieg dem DFB“-Mottotour der Dresdner in Karlsruhe oder Scheiß-DFB-Wechselgesänge zwischen Dortmundern und Frankfurtern beim Pokalfinale, die für ein großes mediales Echo sorgten. Aufgrund der genannten Entwicklungen schlossen sich in der Sommerpause Vertreter nahezu aller Ultrasgruppen des Landes zusammen und stellten Ende Juli den DFB in Form von Vizepräsident Rainer Koch und Sicherheitsbeauftragtem Hendrik Große Lefert bei einem Treffen in Dresden zur Rede. Dabei wurde im übrigen niemand bedroht oder beleidigt. Es wurde jedoch klar der eigene Standpunkt verdeutlicht und flächendeckender Gegenwind angekündigt.

Und dann plötzlich: Die Empfehlung des DFB an sein eigenes Sportgericht, Kollektivstrafen bis auf weiteres auszusetzen. Ja ist denn heut’ scho’ Weihnachten? Jahrelang sitzen wir mit Verbandsvertretern in verschiedenen Formen am Tisch, bringen sachliche Argumente für den Stopp von Zerstückelung der Spieltage und Anstoßzeiten vor, listen auf warum ein intransparentes Sportgericht als Paralleljustiz nicht akzeptiert werden kann, debattieren über Stehplätze, 50+1 und den ganzen anderen Scheiß. Dann haut man einmal auf den Tisch und es gibt ein Dialogangebot auf dem Silbertablett.

Aber der DFB weiß ganz genau, was wir von ihm halten. Etwa, dass wir seinen Worten keinen Glauben mehr schenken können. Genau mit diesem Kalkül brachten die Herrschaften vor ein paar Tagen ihr Angebot an die Öffentlichkeit. Nicht umsonst sitzen dort ehemalige Berufspolitiker am Ruder. Cleverer Schachzug, vermutlich auch in Vorkenntnis der geplanten Aktionen an diesem Wochenende, aber unterm Strich nichts mehr als der Versuch, mit einem verschimmelten Knochen ein Rudel Straßenköter ruhig zu stellen und die Proteste ins Leere laufen zu lassen, bevor sie richtig angefangen haben. Jetzt soll sich natürlich Karl Arsch fragen, warum wir die „ausgestreckte Hand des Dialogs“ nicht annehmen möchten.

Hierzu verweisen wir sehr gerne auf die Stellungnahme von Pro Fans. 10 Jahre lang gab es über verschiedene Fanvertretungen Dialoge und Treffen mit dem DFB. 10 Jahre lang hat sich nichts zum positiven verändert, so dass Organisationen wie eben Pro Fans im letzten Jahr aus den Treffen ausstiegen. Diese „Dialogangebote“ dienen nichts anderem, als die Fans so gut wie möglich ruhig zu halten und zu suggerieren, sie könnten über die „offiziellen Kanäle“ etwas bewirken und mitreden. Man versucht sie einzufangen und zum Teil des Systems zu machen.

Aber Gespräche ergeben für uns nur dann Sinn, wenn sie Ergebnisse herbeiführen. Wir könne noch solange an runden Tischen unsere Zeit verschwenden, Protokolle tippen und so tun als wenn wir einen schon längst abgefahrenen Zug verlangsamen oder gar stoppen könnten. Dafür muss nicht weniger passieren, als dass sich der DFB selbst verändert. Solange eine Riege zwielichtiger Funktionäre das Sagen hat, die ihre gestörten Ideen durchdrückt, während Vereinsvertreter Nachteile befürchten müssen, weil sie offen ihre Meinung sagen, ist der Nährboden bereitet für Muff und Maggeleien.

Wir können und wollen auch nicht für alle reden. Aber es geht nicht um Pyrotechnik oder andere vermeintliche „Ultra-Angelegenheiten“. Unsere Forderungen betreffen jeden, der den Fußball liebt. Auch DFB/DFL geht es schon lange nicht mehr um das Oberthema Sicherheit. Es geht um Macht, Geld und darum beides nicht zu verlieren, nur weil eine „kleine Minderheit“ die Probleme des Fußballsports erkennt, sich formiert und dagegen protestiert.

Es juckt uns übrigens nicht im Geringsten, ob wir eine Minderheit darstellen oder nicht: Wir wissen dass wir uns auf der richtigen Seite befinden. Von dieser Position lassen wir uns nicht abbringen, nur weil die Obrigkeiten eines kranken Fußballsystems von ihren Machenschaften und eigenen Fehlern ablenken wollen!

Daher werden wir auch nicht mit den Protesten aufhören, sondern diese, weiterhin in der laufenden Saison szeneübergreifend in die Stadien tragen. Deutlich, mitunter provokativ – vor allem jedoch in der Gewissheit, dass der deutsche Fußball unsere Argumente nicht weiter ignorieren kann.

Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und sind nach jahrelangen Repressionen erst recht gewillt dem DFB und seinen Verantwortlichen die Zähne zu zeigen. Wir sind zu weit gekommen, um aufzugeben. Dieser Wille vereint bereits zehntausende Menschen und deren Zahl wird weiter wachsen. Denn eins darf der Fußball nie werden: Das Produkt eines Verbandes der sich mittlerweile von der Kurve so weit entfernt hat, wie der Lohnzettel des einfachen Stadiongängers von den Bezügen eines Fußballprofis.

Ultras 1. FC Köln im August 2017