26.03.2014

Bunte FC Familich – Anthony Baffoe

von Coloniacs in Nachrichten


Spieler mit internationalen Wurzeln haben beim 1. FC Köln eine ebenso lange wie bunte Tradition. Diese Serie soll in unregelmäßigen Abständen an jene Menschen erinnern, die für diesen Verein jahrelang Blut und Schweiß vergossen haben. Den Auftakt macht ein waschechter Rheinländer.

Obwohl Anthony Baffoe das Licht der Welt vor den Toren Kölns in Bad Godesberg erblickte und somit Rheinländer per Geburt war, wurde er beim Training der Profimannschaft des 1. FC Köln regelmäßig daran erinnert, dass ihn etwas von den anderen Spielern unterscheidet: er war schwarz. Toni Schumacher war es, der ihn beim Training zur Seite nahm und klar machte, warum Baffoe besser eine Schippe drauflegen solle. »Du siehst anders aus und deshalb wirst Du immer doppelt so gut sein müssen wie die Anderen«, schärfte der »Tünn« ihm ein. Diese Worte sollten fortan eine Art Mantra für den technisch versierten Spieler werden.

Doch bevor man die Profilaufbahn Anthony Baffoes beleuchtet, sollte man zum Anfang seiner Biographie springen. Als Kind einer Diplomaten-Familie wuchs er im Bonner Stadtteil Bad Godesberg auf. Das zur damaligen Zeit fortschrittliche Schulsystem war der entscheidende Grund für seine Familie, sich in Deutschland niederzulassen. Wie wichtig familiärer Zusammenhalt ist, erfuhr er nicht zuletzt durch seine sechs Geschwister.
Der Sport war es, der Baffoe schon als Heranwachsenden in Kontakt mit den verschiedensten Nationalitäten brachte. Als begabter Athlet spielte er Basketball mit den amerikanischen und Hockey mit den pakistanischen Kindern. Die Internationalität seiner Schule tat sein übriges. Als Jugendlicher stand er plötzlich vor der Wahl, Basketball oder Fußball im Leistungssportbereich zu spielen. Christoph Daum ist es zu verdanken, dass sich Baffoe für zweiteres und in weiterer Konsequenz für den 1. FC Köln entschied.

Daum war zur damaligen Zeit Jugendtrainer beim FC und erkannte als Erster die beeindruckenden Anlagen des schnellen Spielers. Der Leverkusener Manager Reiner Calmund hatte sich vergeblich um Baffoe bemüht. Nach drei Jahren in der Jugend, berief ihn schließlich Rinus Michels in die Profimannschaft. Das Team bestand damals aus Legenden wie Littbarski, Konopka oder Allofs. Keine einfache Aufgabe für Baffoe, der sich jedoch nach einiger Zeit zwischen all den großen Namen behaupten konnte.

Beim FC wurde der gebürtige Bonner zum Abwehrspieler ausgebildet und interpretierte diese Rolle in einer aus heutiger Sicht modernen, offensiven Variante. Obwohl er ansprechende Leistungen zeigte, blieb ihm der große Durchbruch verwehrt. Ein Grund hierfür war mit Sicherheit die damalige „Ausländer-Regelung“, nach der Bundesligisten maximal drei Spieler ohne deutschen Pass im Kader aufnehmen und bei Pflichtspielen nur zwei von ihnen gleichzeitig einsetzen durften. Diese diskriminierende Praxis spiegelt in gewisser Hinsicht die einstige Geisteshaltung der Gesellschaft wieder. Es waren Zeiten, in denen Begriffe wie »Schwarze Perle« in der Presse üblich waren und der Spieler somit trotz eines Kompliments auf die Hautfarbe reduziert wurde.

Anthony Baffoe erinnert sich nur ungern an den damals aufkeimenden Rassismus in deutschen Stadien, als Affenlaute und Bananenwürfe ein »heiteres« Element der Kurven darstellten. Doch anstatt sich vor den Schmähungen zu verstecken, ging er das Problem offensiv an. Da er sich seiner exponierten Rolle als erst dritter Afrikaner in der Bundesliga bewusst war, setzte er seine muttersprachlichen und argumentativen Fähigkeiten ein. So konnte er bei Beleidigungen seine Ansichten besser formulieren als manch anderer Spieler. In Interviews und Fernsehauftritten geriet der Rheinländer zu einem Sprachrohr für die ausländischen Profis.

»Du kannst auf meiner Plantage arbeiten«

Legendär sind in diesem Zusammenhang einige seiner im wahrsten Sinne des Wortes schlagfertigen Antworten auf rassistische Beschimpfungen. Einem Mann, der ihn mit dem Wort »Bimbo« diffamierte, entgegnete Baffoe: »Du wirst sowieso nächstes Jahr arbeitslos, du kannst bei mir auf der Plantage arbeiten«. Einen Schiedsrichter versuchte er mit den Worten »Wir Schwarzen müssen zusammenhalten« zu beschwichtigen und nach einem Vereinswechsel begrüßte er die neue Mannschaft mit dem Satz »Damit eins klar ist, ich bin nicht euer Neger«. Doch wenn selbst die diplomatischen Mittel versagten, war sich Baffoe nie zu schade, auch einfach mal »draufzuhauen«. So geschah es, dass er einem Mitspieler eine schallende Ohrfeige gab, als dieser ihn aufgrund seiner Hautfarbe beleidigte.

Die Liste solcher Geschichten ist fast ebenso lang wie die Liste der Vereine, denen sich der Bonner nach seiner Zeit beim FC anschloss. Auf einige Stationen in Deutschland (unter anderem Fortuna Düsseldorf und Fortuna Köln) folgten Engagements in Frankreich, China, Venezuela, Südafrika und schließlich Ghana, wo er seine aktive Karriere beendete. Baffoe wurde ein »Diplomat des Fußballs« und fand in jedem Land neue Freunde. Er sah sich selber jederzeit als »deutschen Fußballer mit afrikanischen Wurzeln«.

Dies fiel ihm vor allem bei seinen Reisen zur ghanaischen Nationalmannschaft auf, wo es vorkam, dass er als einziger Spieler pünktlich um 9 Uhr am Frühstückstisch saß. Die afrikanische Gelassenheit war dem auf deutsche Pünktlichkeit getrimmten Profi einfach neu. Sowieso waren diese Zusammenkünfte mit den »Black Stars« inspirierende Erlebnisse für den Verteidiger. Beim gemeinsamen Beten vor den Spielen, bei denen sich Muslime und Christen an den Händen hielten und den Teamgeist beschworen, entstanden magische Momente, die die verbindende Wirkung des Sports verdeutlichen. Dieser Zusammenhalt war es, den er in Deutschland vermisste.

Nach seiner aktiven Laufbahn bekleidete er verschieden Posten im ghanaischen Fußballverband, arbeitete als Sportjournalist unter anderem beim DSF Fußball-Jugendmagazin Fujuma und wirkte bei verschiedenen Projekten als Repräsentant mit. Unter anderem nahm er 2003 stellvertretend für die Organisation »Football Against Racism in Europe« einen Preis für den Kampf gegen den Rassismus entgegen. Die »FARE«-Aktionswochen sind regelmäßig auch in Köln und bei Spielen des FCs zu besichtigen. 2013 wurde der Weltenbummler als Match-Koordinator beim Confederations Cup in Brasilien eingesetzt und organisierte dort die Halbfinalspiele als Anti-Rassismus-Events.

Heute lebt Anthony Baffoe mit seiner Familie in Accra, der Hauptstadt Ghanas. Als Onkel von Reinhold Yabo verfolgt er auch weiterhin die Geschehnisse rund um den 1. FC Köln und den gesamten deutschen Fußball sehr interessiert. Das Zusammenwachsen der verschiedenen Nationalitäten und das Engagement gegen Ausgrenzung sind ihm auch heute noch ein großes Anliegen.