25.10.2013

FC 6! Setzen!

von Coloniacs in Nachrichten


Der FC hat eine weitere Stellungnahme (Chronologie der Ereignisse) zu den Vorfällen rund um das Spiel in Karlsruhe verfasst. Wir nehmen in unserer Beurteilung die Rolle eines Außenstehenden ein, da wir mit dem Bus an- und abgereist sind. Der Text ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Anhängers des 1. FC Köln. Die Fans, die dabei waren, können sich durch diese Stellungnahme nur ohnmächtig fühlen, angesichts der fehlenden Solidarität seitens des Vereins.

Der FC hat den Eiertanz um Formulierungen, Andeutungen und sprachlichen Spitzfindigkeiten auf einen neuen Höhepunkt getrieben. Wer ein klares Bekenntnis erwartet hat, sieht sich enttäuscht aufgrund des in alle Richtungen biegsamen Textes.

Unsere Highlights sind:

1. Der FC spricht in seiner Stellungnahme von »Gewalttätern aus organisierten Kölner Gruppen« und liefert damit einen konkreten Schuldigen: die in Fanclubs und Ultra-Gruppen organisierten Fans. Dies sorgt bei uns für Kopfschütteln.
Sollten die FC-Verantwortlichen, die das polizeiliche Beweismaterial gesichtet haben, jeden, der darauf angeblich eine Straftat begeht, einer speziellen Gruppe zuordnen können, hätte es für den Verein ein Leichtes sein sollen, die entsprechenden Personen anzusprechen. Sollte dies nicht der Fall sein, fragen wir uns, warum dann die oben genannte pauschalisierte Formulierung verwendet wird und damit der Logik der Polizei gefolgt wird, die in Karlsruhe Gesichtskontrollen durchgeführt hat, um etwaige »Krawallmacher« zu enttarnen.

2. Der FC verspricht »gegen Personen, denen Straftaten nachgewiesen werden, Maßnahmen wie Stadionverbote und Vereinsausschlüsse (zu) ergreifen«.
Dieser naive Aktionismus führt uns zu der Frage, warum unser Verein immer nur in eine Richtung aktiv wird, wenn es um die vermeintliche Prävention von Gewalt geht. Von einem Club, »der sich immer vor seine Fans stellen wird, die das Team zu jedem Spiel begleiten«, könnte man erwarten, dass er sich z.B. für die Kennzeichnungspflicht von Polizisten stark macht, damit wir Fans ebenso vor Gewalt geschützt werden (http://www.amnestypolizei.de/). Die Problematik zu diesem Thema ist jahrelang bekannt.

3. Angebliche Straftaten wie das Bespucken, Beleidigen, Schlagen und Treten von Polizisten durch FC Anhänger werden in dem Text rhetorisch wertvoll und sehr bildlich dargestellt. Schade nur, dass die Verfasser der Stellungnahme dies nicht auch bei den Misshandlungen durch die Polizei getan haben. Uns würde da z.B. das Verweigern des Toilettenganges, die verbale Provokation zu Gewalt, Beschimpfungen, sowie das Verprügeln mit Knüppel, Fäusten und Schuhen bis das Blut läuft und man anschließend vor den Augen der anderen Fans auf den regennassen Boden geschmissen wird, einfallen. Weiterhin verurteilen wir vereinzelte Überreaktionen wie Flaschenwürfe in Richtung von Menschen, die auch hier wieder einmal zu einer nachträglichen Rechtfertigung für derartige Einsätze gegen Fußballfans genutzt werden.

4. Auch interessant ist die Argumentation, mit der die Verantwortlichen den Vorwurf zu entkräften versuchen, »die Karlsruher Polizei habe es von Anfang an auf die Kölner Fans »abgesehen««. Denn nur den Schutzmännern ist es schließlich zu verdanken, »dass zwei Überfälle von vermummten Karlsruher Hooligans auf Gästefans abgewehrt werden konnten«. Hätte die Polizei es auf die FC Fans abgesehen, so die daraus folgende Logik, hätten diese ja einfach Seite an Seite mit den Karlsruhern kämpfen können. Quasi ein »Totschlagargument« unserer geistreichen FC-Führungsetage. Dass ein gewalttätiger Mensch, der mit Kampfanzug, Schutzschild, Knüppel und Tränengas bewaffnet Menschen verletzt, seine Aggressionen nicht so einfach abstellen kann, darauf kommt beim FC niemand.

5. Wieso sollte sich der Verfasser der Stellungnahmen an Fakten halten, wenn es doch viel spannender ist, seiner Fantasie freien lauf zu lassen. Kostprobe gefällig: »Nur wenige Meter, nachdem der erste Bus mit etwa 70 Personen an Bord angefahren war, wurde eine der Türen geöffnet – vermutlich gewaltsam«. Weitere »Vermutungen« unsererseits: bei denjenigen, die die Türe gewaltsam (vermutlich) geöffnet haben, handelte es sich um sogenannte Fans. Dies ist eine abartige Unterart der normalen Fans, die immer wieder medial geteert und gefedert wird. Sollte es Augenzeugenberichte geben, die diesen Verdacht erhärten, bitte bei uns melden. Ansonsten liegt die Vermutung nahe, dass man nicht viel Videomaterial sehen durfte oder aber auch nur deutlich zensiertes gesehen hat, weil es entweder nichts zu sehen gab oder viel mehr polizeiliches Fehlverhalten zu Tage gebracht hätte.

6. Desweiteren beschreibt der Autor der Stellungnahme ein Szenario, in dem Dank der mangelhaften Ablauforganisation der Staatssicherheit »ein Gedränge (entstanden ist), in dem Polizisten sich gezwungen sahen, Pfefferspray und Knüppel einzusetzen, nachdem sie von einzelnen Fans gestoßen und beleidigt worden sein sollen«. An anderer Stelle schreibt der FC: »Eskalation beginnt nicht erst mit Tritten und Schlägen«. Richtig, sie beginnt dort, wo die Polizei selbsterfüllende Prophezeiungen durch künstlich erzeugte Stresssituationen produziert. Wer Ärger sucht, kann ihn sich abholen, indem er die Leute solange provoziert, bis jemand reagiert. Leider kommen nur wir zu diesem (tatsächlich) logischen Schluss und warten zum wiederholten Male beim Lesen der Stellungnahme auf das klare Bekenntnis des FC zu seinen Fans und gegen Polizeiwillkür.

An dieser Stelle beenden wir die Analyse der Highlights, ausdrücklich ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Aus unserer Sicht wurde mit dieser verkorksten Stellungnahme eine große Chance vertan, den Fans Wertschätzung entgegenzubringen, die seit Jahren nichts anderes tun, als sich beim Auf und Ab des 1. FC Köln seelisch und körperlich zu kasteien. Für uns ist dieser Verein mehr als nur ein Fußballclub. Ein viel bemühter Begriff ist die »FC-Familie«. Doch was für eine Familie lässt zu, dass die Mitglieder misshandelt und erniedrigt werden? Es ist wie so oft im wahren Leben: der Schein der heilen Welt ist wichtiger als der tatsächliche Zusammenhalt. Beim Amtsantritt der jetzigen Führung ist uns viel versprochen worden. Es ist an der Zeit diese Versprechen einzulösen.