15.05.2011

Eine denkwürdige Saison 2010/2011

von Coloniacs in Nachrichten

Vorstand raus! Finke raus! Frank Schaefer! FC.Reloaded! Overath und der Klüngel! Alle weg! 1317! Trotz des nun geschafften Klassenerhalts will keine Ruhe bei unserem geliebten
1. FC Köln
einkehren. Ein Versuch einer Positionierung …

Nach dem Auswärtssieg bei Eintracht Frankfurt steht es nun fest: der 1. FC Köln wird in der Saison 2011/12 sein viertes Jahr in Folge erstklassig spielen – ein Traum! Zu gut können wir uns noch an die Zeiten der Fahrstuhlmannschaft erinnern, und es sind schmerzhafte Erinnerungen: Auswärts in Paderborn, daheim gegen TeBe Berlin – ein Graus für jeden Fan des 1. FC Köln, der sich nicht zu Unrecht eigentlich unter den Top 10 der Bundesliga sieht oder sehen will.

Die nun vergangene Saison 2010/11 hatte Erwartungen und Hoffnungen im Umfeld des FC geweckt. Man wünschte sich einen Schritt nach vorne, ein paar Punkte mehr als die 39 beziehungsweise 38 Punkte aus den beiden vorherigen Spielzeiten. Eines hofften wir aber wirklich hinter uns gelassen zu haben – den Kampf ums nackte Überleben in der ersten Bundesliga, den Kampf um den Klassenerhalt.

Soldo raus, Meier raus, … raus! – Revolution am Geißbockheim

Die Hoffnung auf Konstanz und sportliches Mittelmaß sollte uns dennoch einmal wieder verwehrt bleiben: Der FC starte in die Spielzeit desaströs. Nach dem neunten Spieltag trennte sich der FC vom wenig charismatischen und unpopulären Trainer Zvonimir Soldo, wenige Wochen später vom knöchernen wie populistisch schwadronierenden Manager Michael Meier. Bei der Jahreshauptversammlung im November 2010 zeigten 1317 Mitglieder dem Vorstand um Präsident Wolfgang Overath die Nein-Karte – die Nichtentlastung des Vereinsvorstands. Der Vorstand zog sich unsouverän ins stille Kämmerlein zurück, und lies via Presse und Hauspostillen seine Missachtung gegenüber den 1317 Nein-Sagern kundtun – Dialog und Reformwillen hätten anders ausgesehen.

Mit FC.Reloaded gründete sich eine Gruppe von Mitgliedern, die die Vereinssatzung ändern wollte, um den Mitgliedern des FC eine Möglichkeit der Kontrolle über die Vereinsgremien und der Partizipation in der Vereinsarbeit einräumen zu können. Das Vorhaben fand beim FC – nennen wir es mal – wenig Gegenliebe. Wieder einmal schaltete der Verein anstelle einer sachbezogenen Diskussionen um FC.Reloaded und ihre Forderungen auf Angriff. Der Angriff richtete sich nicht direkt gegen die Forderungen der Gruppe, sondern gegen deren handelnde Personen – ein peinlicher und für die Betroffenen wohl sehr belastender Vorgang, den auch wir öffentlich kritisierten, unter anderem in einem längeren Artikel in der vierten Ausgabe unseres Fanzines Kallendresser (Kallendresser #04; »Nein« beleidigt seine Majestät).

»Friedensfürst« Frank Schaefer

Nach dem Rauswurf von Zvonimir Soldo folgte auf dem Trainerposten Frank Schaefer, der seit 1982 mit wenigen Jahren Unterbrechung als Jugend- und Nachwuchstrainer beim FC erfolgreich gearbeitet hatte. In Fankreisen galt Schaefer seit Jahren als erwiesener Fachmann und immer wieder als erhoffter Kandidat für den Cheftrainerposten – ein hohes Maß an Vertrauen wurde ihm entgegengebracht. Und das Märchen der erfolgreichen kölschen Lösung und einer sportlich vielleicht besseren Zukunft schien in den Augen vieler wahr werden zu können: Der FC gewann zwischen dem 16. und dem 28. Spieltag ganze sieben Heimspiele am Stück – 21 Punkte, ohne die der Klassenerhalt nicht möglich gewesen wäre. Der FC spielte zumindest in Heimspielen einen Fußball, den wir seit Jahren im Müngersdorfer Stadion nicht mehr gesehen hatten. Aus einer zerrütteten Mannschaft schien ein Kollektiv geworden zu sein. Der Unmut, der noch im November dem Verein um seinen Präsidenten Wolfgang Overath entgegengebracht wurde, ebbte ab – auch ein Verdienst Frank Schaefers.

Es hätte alles so schön sein können, doch bei Auswärtsspielen zeigte die Mannschaft ein anderes, ein verunsichertes Gesicht, der Knoten, der bei Heimspielen nach Jahren der Schwäche geplatzt war, hatte sich nun um Auswärtsspiele gezogen. Frank Schaefer genoss dennoch Rückendeckung – bei Fans und großen Teilen der Medien. Der Verein tat sich schwerer, zumindest erweckte es den Eindruck – gesteuert durch einen immer stärkeren Druck durch einzelne Medienvertreter und Verlagshäuser. Unruhe kam auf, und keine Seite – weder Medien noch Verein – agierte professionell und beruhigend.

Der Kampf um die Deutungshoheit

Nach den beschämenden und den Klassenerhalt gefährdenden Niederlagen gegen Mönchengladbach und den VfB Stuttgart wuchs der Druck auf Frank Schaefer an, sich zügig – und nicht wie seit Amtsantritt vereinbart erst nach dem Saisonende – zu entscheiden, ob er den FC auch in der kommenden Spielzeit trainieren würde. Der Druck, der nun auf seinen Schultern lastete, war enorm – und der unprofessionelle Umgang miteinander von Verein und Presse tat sein Übriges dazu. Das Resultat einer ekelhaften Schlammschlacht zwischen Verein, Kölner Stadtanzeiger und Kicker war verständlich: Frank Schaefer kündigte nach der Heimniederlage an, seinen Vertrag als Cheftrainer des FC nicht verlängern zu wollen. Eine Maßnahme, die aus der ganzen Szenerie des immer noch drohenden Abstiegs hätte Druck nehmen können, doch der Kleinkrieg zwischen Verein und Presse sollte erst jetzt richtig losgehen.

Kicker und Stadtanzeiger hatten ihren Schuldigen gefunden: Volker Finke hätte Schaefer gemobbt, und an dessen Demontage gearbeitet. Stephan von Nocks und Karlheinz Wagner gingen in die Offensive, und unterstellen Volker Finke ein mieses Spiel. Als nach der erneuten Auswärtsniederlage gegen den VfL Wolfsburg Frank Schaefer seinen sofortigen Rücktritt als Cheftrainer bekanntgab, und Volker Finke den Interimstrainerposten übernahm, schien die Verschwörung Volker Finkes gegen Frank Schaefer ihr Ziel erreicht zu haben: Die Presse jubilierte, die Fans zitterten weiter vor dem Abstieg, Volker Finke war der Buhmann, der Verein war wieder einmal der Karnevalsverein, der ganz Deutschland zu unterhalten pflegt, und der Präsident war im Urlaub … Fast ein Wunder, dass der FC es dann noch schaffte, den Klassenerhalt mit den zwei folgenden Siegen zu sichern – wie eingangs gesagt: ein Traum!

Die Saison ist nun vorbei und es wäre verlockend, einfach abzuschalten und abzuhaken. Nach dieser Saison mit so vielen Tiefen und wenigen Höhen fällt dies schwer – und für uns ist es undenkbar! Der Verein und sein Umfeld präsentieren sich in einem Zustand, der es uns schwer glauben lässt, dass die Situation rund um den FC in der kommenden Spielzeit besser werden wird. Auf einer Wiederholung oder einer Verschlimmerung der Verhältnisse haben wir schlichtweg keinen Bock!

Wo stehen die Coloniacs?

Zu gerne würden wir, wie in den meisten anderen Fällen, eine klare Position einnehmen. Hinter dieser könnten wir stehen, und für unsere Postion eintreten, sie nach außen hin leben und für sie kämpfen. In den letzten Wochen haben wir viel miteinander diskutiert, versucht, ein klares Bild von den Vorgängen im und um den 1. FC Köln zu gewinnen. Dazu haben wir Gespräche mit nahezu sämtlichen Parteien in der derzeitigen Situation geführt. Am Ende steht in vielen Belangen: Ratlosigkeit und Unverständnis. Dennoch wollen wir versuchen, unsere Positionen zu einzelnen Themen zu erklären.

Volker Finke:

In der nun losgetretenen Debatte um Volker Finke werden wir – Stand heute – keine klare Position für oder gegen den Sportdirektor und Interimstrainer einnehmen. Dies liegt darin begründet, dass wir uns nicht in der Lage sehen, ein klares Bild rund um seine Arbeit mit oder gegen Frank Schaefer und den Konflikt zwischen Volker Finke und einigen Vertretern der Presse zu gewinnen. An Spekulationen, Interpretationen und Mutmaßungen können und wollen wir uns nicht beteiligen, auch wenn wir zugeben müssen, dass die angeblichen Hintergründe rund um den Rücktritt Frank Schaefers einen faden Beigeschmack haben.

Frank Schaefer:

Frank Schaefer gilt in erster Linie großer Dank! Dank für acht Heimsiege, einen Auswärtssieg und drei Unentschieden – 30 extrem wichtige Punkte gegen den Abstieg. Über die exakten Gründe für seinen Rückzug wollen wir uns an Spekulationen nicht beteiligen, würden uns zeitnah dennoch eine deutlichere Erklärung wünschen, was wirklich vorgefallen ist, als die von ihm auf der Rücktritts-Pressekonferenz abgegebenen Statements. Solange dies nicht passiert, läuft der Verein Gefahr weiter unruhig zu bleiben, da Spekulationen und Mutmaßungen weiter Raum geboten würden. Dass die Entscheidung Schaefers aufgrund von Ereignissen und Erfahrungen innerhalb des letzten halben Jahres gefallen ist, haben wir verstanden. Was in diesem Zeitraum allerdings passiert ist, nicht. Ein eventuell neuer Trainer hätte es schwer, solange Frank Schaefer nicht klare Verhältnisse geschaffen hat – die Gefahr einer Legendenbildung droht. Schaefer sollte sich nicht benutzen lassen, weder von der Presse, die Finke an den Kragen will, noch vom Verein. Im Interesse des FC wären klare Worte hier sehr hilfreich – vor allem für uns Fans, die bis heute nicht alles durchblicken können.

Die Mannschaft:

Ein Großteil der Spieler des FC hat in den vergangenen Spielzeit kein positives Bild abgeben. Wir werfen der Mannschaft unprofessionelle Arbeit vor. Ist es so schwer, persönliche Befindlichkeiten hinten anzustellen? Ist es so schwer, sich einer gemeinsamen Sache unterzuordnen? Wir erwarten Identifikation für den Verein und die Stadt. Labert nicht hinter dem Rücken anderer mit der Presse – redet lieber miteinander! Lasst Euch nicht instrumentalisieren und instrumentalisiert nicht andere! Wir wissen – auch aus den Erfahrungen im Inneren unserer Gruppe – wie schwer es sein kann, sich mit anderen starken Individuen messen zu müssen, dennoch kann es geschafft werden, mit einer Stimme zu sprechen und sich gemeinsamen Zielen unterzuordnen. Arbeitet an Euch!

Der Vorstand:

»Der Fisch stinkt vom Kopf!« – so heißt es in diesen Tagen oft in Köln. Den Vorstand um Wolfgang Overath und seine beiden Stellvertreter Friedrich Neukirch und Jürgen Glowacz sehen auch wir kritisch! Die Gründe für unsere Ablehnung des derzeitigen Vorstands sind vielfältig. Seit dem Amtsantritt Wolfgang Overaths im Jahr 2004 hat der FC die von ihm damals als dringend notwendig erachtete Wende nicht vollzogen. Finanziell war der FC bis zum Amtsantritt solide aufgestellt. In der Ära Michael Meier wuchsen die Schulden des Vereins in beängstigende Höhe. Noch immer wirkt der Verein unprofessionell geführt, die Außendarstellung ist mangelhaft. Der Umgang des Vorstands mit der Mitgliederinitiave FC.Reloaded entsprach nicht unserem Verständnis eines demokratisch geführten Vereins. Wolfgang Overath erscheint dünnhäutig im Hinblick auf Kritik, die er nicht fähig ist, an sich ranzulassen. Beim leisesten Wiederwort gegenüber seiner Position schaltet er auf Angriff. Seine Überzeugung, dass er von 98 Prozent der Mitglieder gewählt sei, und dass die zurückliegende Jahreshauptversammlung 2010 keine Relevanz hatte, lassen uns an seinem Verständnis seines Führungsstils zweifeln.

Die Presse:

Dass die Kölner Medienlandschaft keine leichte ist, sollte jedem bewusst sein. Die Journaille um Express, Stadtanzeiger, Kicker und Bild macht ihre Arbeit so, wie sie es scheinbar will – spekulativ und boulevardesk. An uns Fans liegt es, ihnen nicht jeden Scheiß abzukaufen, sondern unseren Kopf einzuschalten und selbst kritisch zu hinterfragen.

Aus unserer Sicht ist es wenig hilfreich, den Sturm, der über unseren FC in der nun abgelaufenden Saison hereingebrochen ist, schwarz-weiß zu betrachten. Auch wenn die ein oder andere Partei gemeint hat, mit populistischem Getöse Stimmungen in der Szene zu beschwören oder auszunutzen, möchten wir uns ein differenziertes Bild der Situation machen. Dies ist gerade beim 1. FC Köln nicht immer einfach – alles andere wird der Komplexität der Situation jedoch nicht gerecht und hilft auch nicht bei der Findung von Lösungsansätzen.

Wir werden jedoch nicht kampflos zusehen, wie unser Verein vor die Wand gefahren wird! Schaut auch Ihr nicht weg! Macht Euch ein eigenes Bild, organisiert Euch oder schließt Euch uns einfach an!